Menschenjagd

Die Jagd war immer ein wichtiges Thema in der Kunst. Es gibt Fuchsjagd, Hexenjagd, Trophäenjagd; Jan Jüngling beschreibt in seinem neuen Bildzyklus die Menschenjagd. Der Autor gebraucht ein seit Langem bekanntes Genre der Jagd, welches er aber so ändert, dass das menschliche Wesen seine Position im Zentrum des Geschehens einbüßt und es zur Beute wird.

Jüngling benutzt in seinen Werken dreieckige Komposition als Ausdruck einer Bejahung der klassischen Form, in der wir die Jagd in der Kunst kennen. Diese traditionelle Komposition bietet ihm einen Rahmen an, in welchem er die gleiche Szene mit unendlichen Variationen schildert. Sieht man sich die Bilderkollektion in einer Serie an, also eine unzählbare Menge der unter verschiedensten Umständen verfolgten Individuen, wird man gezwungen, sich mit eigener Natur der Jagd auseinanderzusetzen. Wie auch in anderen Zyklen Jünglings, gebraucht er auch diesmal die Wiederholung, um Universalität der menschlichen Erfahrung zu erreichen.

Die dreieckige Form deutet auch auf Verengung des Raumes hin, aus dem ein gejagtes menschliches Wesen fliehen will. Die konvergierenden Dreieck-Linien fangen den gejagten Menschen in einer Falle der sich stets verengenden Wegen. Dank dessen wirken die Bilder abstoßend, klaustrophobisch und grauenhaft. Kraft dieser Form quillt daraus, dass sie für uns wohl bekannt ist. Wir alle kommen zu einem Punkt, in dem die Dreieck-Linien zusammenlaufen. Unsere Möglichkeiten verengen sich, Auswahl an Wege, den wir folgen können, wird immer kleiner, bis unser Leben den unvermeidlichen plötzlichen Todespunkt erreicht.

Der Zyklus gibt auch einen Weg wider, welchen die Gesellschaft seit junger Geschichte der Menschenjagd zurückgelegt hat. Breiter offener Mittelraum des Dreiecks spiegelt eine Verbreitung des Potenzials und der Möglichkeiten wider, die wahrgenommen werden, wenn sich die Gesellschaft liberalisiert, Freiheit an Kraft gewinnt und die Welt sich öffnet. Es ist auch eine Beschränkung dieser Freiheit zu sehen, wenn man wieder in Richtung zur inneren, engeren Gesellschaft geht. Wie ein gejagtes Wesen, von Verfolger getrieben, auf einem sich verengenden Weg rast, wird auch die Gesellschaft zur Engstirnigkeit und Einschränkung der Freiheiten getrieben. Auf diese Weise zeigt das Dreieck Verhältnis zwischen Gleichwertigkeit und Autorität in der Zeit ausgebreitet, und ein menschliches Wesen als Punkt, der sich auf der Fläche zwischen diesen Raumen bewegt.

Jüngling zeigt sich in seinen Werken als Meister des Raumes und der Bewegung, er führt unsere Augen von Trajektorie der gejagten Gestalt hin zur Richtung der Verfolger, die manchmal zu sehen, manchmal unsichtbar sind. Das verleiht den Werken ihre Dramatik, erhöht Blutdruck und Herzschlag in solchem Maße, dass der Beobachter fast fühlt, wie seine Beine den Boden berühren, und hinter eigenem Rücken sich nähernde Schritte hört. Die Bewegung fesselt in jedem Bild Aufmerksamkeit des Beobachters, führt ihn zur nächsten Jagdszene und bildet in diesem Zyklus einen sich vervielfachenden Eindruck der Fortbewegung. Darin ähnelt diese Serie den Bildern Jünglings mit rennenden Pferden und Bewegung beim Tanz. Ausgezeichneter Talent des Malers, die Bewegung auf eine unbewegliche Leinwand aufzunehmen, verleiht seinen Werken Authentizität.

Diese Kollektion basiert auf Autors Beschreibung der Bedingungen des Menschen und auch auf der Formen- und Strukturuntersuchung. Das macht die Werke Jan Jünglings sowohl visuell beeindruckend als auch existentiell bewegend.

© Jakub Kavan